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Abmahngefahr beim Vertrieb von indizierten Computerspielen

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Nach den Vorgaben des Jugendschutzgesetzes dürfen Computerspiele Kindern oder Jugendlichen nicht angeboten oder verkauft werden, wenn deren Aufnahme in die Liste jugendgefährender Medien bekannt gemacht worden ist. Erfolgt gleichwohl ein Angebot oder ein Verkauf, droht der Ausspruch einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Da sehr weitreichende Unterlassungsansprüche bestehen, ist die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden. Online-Händler sollten sich daher vor der Aufnahme von neuen Computerspielen in Ihr Produktsortiment darüber informieren, ob diese Computerspiele indiziert worden sind.

Aufnahme von Computerspielen in die Liste jugendgefährdender Medien

Werden Computerspiele in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen, so unterliegen sie zunächst nur den Beschränkungen des § 15 Abs. 1 Jugendschutzgesetz. § 15 Abs. 1 Jugendschutzgesetz lautet wie folgt:

§ 15 Jugendgefährdende Trägermedien

 

(1)

Trägermedien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 Satz 1  bekannt gemacht ist, dürfen nicht

 

1. einem  Kind oder einer  jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden,

 

2. an einem Ort, der  Kindern oder  Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,

 

3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,

 

4. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,

5. im Wege des Versandhandels eingeführt werden,

 

6. öffentlich an einem Ort, der  Kindern oder  Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, angekündigt oder angepriesen werden,

7. hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der  Nummern 1.-6. zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

 

Wie sich aus den vorstehenden Regelungen ergibt, unterliegen Computerspiele, die in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen worden sind, nicht grundsätzlich einem Verbreitungsverbot. Sie unterliegen vielmehr zum Schutze von Kindern und Jugendlichen sehr weitreichenden Beschränkungen. Allerdings unterliegen den vorgenannten Beschränkungen auch ohne eine Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien die sogenannten schwer jugendgefährdenden Trägermedien, soweit diese bspw. einen der in § 131 des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalt haben (grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeit gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen, geschildert in verherrlichender oder verharmlosender Art). Sind indes die Voraussetzungen der Strafrechtsnorm erfüllt, so dürfen die entsprechenden Computerspiele nicht mehr vertrieben werden.

Gerichtsurteile auf Grundlage von Indizierungsentscheidungen 

Bereits in mehreren Fällen kam es zu Entscheidungen verschiedener Gerichte über die Beschlagnahme von Computerspielen auf Grundlage von Indizierungsentscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 19.07.2004 zum Aktenzeichen 853 Gs 261/04 die allgemeine Beschlagnahme des Computerspiels “Manhunt” angeordnet und sich hierbei auf die Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 11.03.2004 bezogen, die das Computerspiel in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen hatte. Das Amtsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 11.06.2007 zum Aktenzeichen 167 Gs 551/07 die allgemeine Beschlagnahme des Computerspiels “Dead Rising” (EU-Version sowie UK-Version) angeordnet. Mit Beschluss vom 20.11.2007 zum Aktenzeichen 855 Gs 426/07 ordnete das Amtsgericht München die allgemeine Beschlagnahme des Computerspiels “Scarface-the World is yours” (EU-Version für Playstation 2 und EU-Version PC-DVD-Rom) an und bezog sich hierbei auf die Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 16.05.2007 über die Aufnahme des Computerspiels in die Liste der jugendgefährdenden Medien. Mit Beschluss vom 15.01.2008 zum Aktenzeichen 855 Gs 10/08 ordnete das Amtsgericht München die allgemeine Beschlagnahme des Computerspiels “Condemned” (EU-Version) an und bezog sich hierbei auf die Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 05.04.2006 über die Aufnahme des Computerspiels in die Liste der jugendgefährdenden Medien. Mit Beschluss vom 17.06.2008 zum Aktenzeichen 102 Ujs 1987/08 ordnete das Amtsgericht Amberg die allgemeine Beschlagnahme des Computerspiels “Soldier of Fortune: Payback” (US-Version) an und bezog sich hierbei auf die Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 03.12.2007 über die Aufnahme des Computerspiels in die Liste der jugendgefährdenden Medien.

Wenn auch nicht sämtliche der vorgenannten Urteile auf Grundlage der Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ergingen, zeigt sich doch, dass die Gerichte in ihren Entscheidungen Argumentationen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften übernehmen, um das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Strafnorm des § 131 StGB zu begründen. Eine entsprechenden allgemeine Beschlagnahme erstreckt sich auf alle Exemplare, die sich im Besitz die bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden sowie die öffentlich ausgelegten oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht beim Empfänger ausgehändigten Exemplare. Sie kann sich des Weiteren erstrecken auf die zur Herstellung der Datenträger gebrauchten und bestimmten Vorrichtungen, wie Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen oder Masterbänder.

Drohende wettbewerbsrechtliche Abmahnung 

Der Vertrieb indizierter Computerspiele stellt als sogenannter Vorspruch durch Rechtsbruch einen Wettbewerbsverstoß dar, so dass die Möglichkeit des Ausspruches einer Abmahnung besteht. Problematisch sind insoweit insbesondere die Folgen der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, da eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht nur für die konkrete Verletzungshandlung gilt, sondern auch für sogenannte kerngleichartige Verletzungshandlungen. Online-Händler sollten daher bereits vor der Aufnahme von Computerspielen in ihr Produktsortiment prüfen, ob die entsprechenden Computerspiele von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen worden sind und eine entsprechende Bekanntmachung erfolgt ist. Neben der Forderung der Abgabe einer sehr weitreichenden Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung droht im Übrigen die Geltendmachung nicht unerheblicher Abmahnkosten. Sofern Sie als Onlinehändler von einer entsprechenden Abmahnung betroffen sind, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, um die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Risiken besser beurteilen zu können.

Stand:11.03.2009

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke und Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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