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Falsche oder fehlende Grundpreisangabe aus Versehen: Abgemahnt werden kann trotzdem (OLG Köln)

Bei Produkten, die nach Gewicht, Volumen oder Flächen im Internet angeboten werden, muss ein Grundpreis mit angegeben werden. Nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofes muss der Grundpreis bei Internetangeboten so dargestellt werden, dass Preis und Grundpreis auf einen Blick erkennbar sind.

Eine fehlende oder falsche Grundpreisangabe ist wettbewerbswidrig. Eine derartige Abmahnung ist besonders weitreichend, da Internethändler, die grundpreispflichtige Produkte anbieten, nach unserer Erfahrung nicht nur ein sondern viele grundpreispflichtige Angebote vertreiben, bspw. beim Angebot von Kosmetik oder Lebensmitteln.

Es liegt auf der Hand, dass ein fehlender oder falscher Grundpreis schnell einmal aus Versehen durchrutscht. Dies entbindet den Anbieter jedoch nicht von einer wettbewerbsrechtlichen Haftung.

OLG Köln: Anbieter haftet immer für falsche Grundpreise oder fehlende Grundpreisangaben

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 19.10.2012, Az: 6 U 46/12) hat sich zu der Frage der sogenannten fachlichen Sorgfalt beim Angebot von grundpreispflichtigen Produkten geäußert.

Der Abgemahnte und Beklagte betreibt einen großen Onlineversandhandel, bei dem sowohl dritte wie auch eigene Angebote vorgehalten werden. Die Entscheidung des OLG Kölns spricht insofern von der Angabe “Verkauf und Versand durch b.de”. Diese Formulierung wird eigentlich durch die Plattform Amazon genutzt, so dass wir vermuten, dass Amazon in irgendeiner Form an diesem Rechtsstreit beteiligt war. Genau beurteilen können wir dies jedoch nicht. Jedenfalls werden aktuell fehlende Grundpreisangaben nach Erfahrungen aus unserer Beratungspraxis verstärkt bei Amazon abgemahnt.

Beim Angebot von Konserven war in fünf Fällen der Grundpreis gar nicht und einem Fall falsch angegeben worden. Bei der falschen Grundpreisangabe ging es darum, dass für Grundpreisberechnung nicht das sogenannte Abtropfgewicht zu Grunde gelegt worden war. Bei Konserven und Verpackungen, in denen ein festes Lebensmittel in einer Aufgussflüssigkeit (wie Wasser, Zuckerlösungen, etc.) lagert wie bspw. Würstchen oder Feta, muss neben der Gesamtfüllmenge auch das Abtropfgewicht angegeben werden. Das Abtropfgewicht ist das Gewicht, was von der Ware verbleibt, wenn die Flüssigkeit abgegossen wird. Der Grundpreis muss in diesen Fällen bezogen auf das Abtropfgewicht angegeben werden.

Der Anbieter jedenfalls hatte die Unterlassungsansprüche für nicht begründet angesehen, weil ihm keine Verletzung der fachlichen Sorgfalt zur Last zu legen sei. Bei den fehlerhaften Angaben habe es sich um vereinzelte “Ausreißer”, nämlich versehentliche Fehleintragungen sonst zuverlässiger Mitarbeiter oder Dienstleister gehandelt. Diese hätten beim Hochladen der Angebote auszufüllende Online-Formulare (Upload-Sheets) gehandelt.

Es versteht sich von selbst, dass ein großer Anbieter diese Frage gern geklärt haben möchte, da bei einer großen Anzahl von grundpreispflichtigen Angeboten es menschlicherweise ganz natürlich trotz aller Kontrolle passieren kann, dass Fehler gemacht werden.

Einem zu entschuldigenden Versehen mit der Folge, dass keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche bestehen, erteilte das OLG Köln jedoch eine Absage. In der Entscheiung heißt es:

Werden solche Informationen den Verbrauchern vorgehalten, ist im Gegenteil zugleich geklärt, dass dies keine Bagatelle sondern das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG erfüllt ist.

Im Streitfall belegen die fehlenden oder fehlerhaften Grundpreisangaben bei den Angeboten in Gemüsekonserven ohne weiteres, dass die beanstandeten geschäftlichen Handlungen der Beklagten nicht der für sie geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen. Wer, wie die Beklagte, als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt und deshalb unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 PAngV die richtigen Grundpreise anzugeben hat, muss die ordnungsgemäße Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung durchgängig und in jeder Hinsicht sicherstellen.

Anbieter haftet auch für seine Mitarbeiter

Im weiteren heißt es in der Entscheidung

Begründen einzelne Pflichtverstöße wie im Streitfall die Gefahr, dass notwendige Grundpreisangaben den Verbrauchern auch in weiteren Einzelfällen vorenthalten werden, haftet der Unternehmensinhaber wegen der Zuwiderhandlung auch von Mitarbeitern und Beauftragten gem. § 8 Abs. 2 UWG ohne eine dem § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB vergleichbare Entlastungsmöglichkeit auf Unterlassung.

Es kann keine Rede davon sein, dass in Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Preisangaben geringere Anforderungen an die fachliche Sorgfalt eines Internethändlers zu stellen wären als an die eines stationären Lebensmitteleinzelhändlers.

Keiner von Ihnen kann sich damit rechtfertigen und den verschuldensunabhängigen Verletzungs-, Unterlassungsansprüchen anspruchsberechtigter Mitbewerber, Verbände oder Einrichtungen die Grundlage entziehen, indem er auf im Massengeschäft immer wieder vorkommende Versehen und Nachlässigkeiten sonst zuverlässiger Mitarbeiter oder Beauftragter verweist.

Mit anderen Worten: Ist der Anbieter wie auch der Lebensmitteleinzelhändler noch so groß:   falsche Grundpreisangabe löst bereits Unterlassungsansprüche aus. Vor diesen Hintergrund sollten Händler somit besonders sorgfältig sein, entsprechende Grundpreise auch darzustellen.

Bei Amazon gibt es entsprechende technische Darstellungsmöglichkeiten, die von eBay angebotene automatische Grundpreisangabe funktioniert nach unserem Eindruck nicht zuverlässig.


Deutlich wird ferner, wie gefährlich es sein kann, bei einer Abmahnung ohne anwaltliche Beratung eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Wir beraten Sie.

Stand: 06.03.2013

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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